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Weit entfernt und doch so nah

Riedstadt und das litauische Tauragé feiern 30 Jahre Partnerschaft / 1600 Kilometer trennen die beiden Städte

RIEDSTADT. 1600 Kilometer trennen Riedstadt und das litauische Tauragé – und doch sind sich die beiden Städte so nah. Eine „wunderbare Partnerschaft“, wie sie Riedstadts Erster Stadtrat, Ottmar Eberling (SPD) empfindet. Eine Delegation aus Tauragé ist derzeit zu Besuch, um mit ihren Riedstädter Gastgebern einen runden Geburtstag zu feiern. Denn die Unterzeichnung des Verschwisterungsvertrags jährt sich zum 30. Mal.

Aus diesem Anlass wurde bei einem Festakt in der Christoph-Bär-Halle in Goddelau die Städtepartnerschaft erneuert. Kulturell umrahmt wurde die Veranstaltung von einer Tanzgruppe, die 2023 ebenfalls 30. Geburtstag feiert: die „Hessenschnicker“ des Bezirkslandfrauenvereins Groß-Gerau. In den drei Jahrzehnten der hessisch-baltischen Städtebeziehung „haben wir Unterschiede akzeptiert und stellen seitdem vor allem unsere Gemeinsamkeiten fest“, sagte Eberling: „Wir teilen unsere Kulturen, sind miteinander solidarisch und entdecken den Anderen.“

Wie weit dieses Kennenlernen, dieses gegenseitige Verständnis geführt hat, machte der Vorsitzende des Partnerschaftsvereins „Freunde von Tauragé“, Klaus Minter, deutlich. Ehen seien geschlossen, Patenschaften für Kinder übernommen worden, und immer mehr private Besuche würden unternommen.

Der Moderator des Festakts, Patrick Fiederer Vorstandsmitglied im Partnerschaftsverein, gibt da ein Paradebeispiel ab: Er ist mit einer Litauerin verheiratet. „Persönliche Horizonte wurden in einer Weise erweitert, wie es für den Einzelnen sonst nur schwerlich zu erreichen gewesen wäre“, sagte Minter.

Vilius Petrauskaus, Vorsitzender des Vereins. „Deutschlands Freunde in Tauragé“, stimmte ihm zu: „Heute können wir auf eine enge partnerschaftliche Beziehung stolz sein.“ Er blickte zurück auf die Zeit seit 1991, als sich Litauen als erste ehemalige Sowjetrepublik des Baltikums für unabhängig erklärte.

Die neue Freiheit habe sein Land genossen, so Petrauskas in seiner auf Deutsch gehaltenen Rede. „Aber zugleich sahen und spürten wir die Härte des Lebens – Armut sowie Elend.“Deshalb habe Litauen nach Verbündeten, nach Unterstützung und Hilfe gesucht. 1992 sei die Partnerschaft zwischen Tauragé und Riedstadt angebahnt worden, um dann im Jahr darauf perfekt gemacht zu werden.

„Das Beste, was Tauragé passieren konnte, ist die Freundschaft mit Deutschland“, sagte Sigitas Miciulis, Ratsmitglied in Tauragé. Er pries auch die humanitäre und technologische Hilfe aus Riedstadt. Menschen habe er kennengelernt, die er als „Vorbilder“ bezeichnete. „Heute scheint unsere Partnerschaft noch relevanter und wichtiger zu sein“, sagte Petrauskas und sprach den russischen Angriffskrieg an: „Russland zerreißt und zerstört die Ukraine, bedroht Litauen, Lettland, Estland und Polen.“ Vor diesem Hintergrund seien Partnerschaft, Freundschaft und Unterstützung nicht nur schöne Worte.

Manchmal waren schon vermeintliche Kleinigkeiten eine große Hilfe: Eberling erzählte von seinem ersten Tauragé-Besuch im Jahr 2003, einer Radreise in einer elf Personen starken Gruppe. Mit leeren Händen wollten die Besucher nicht kommen, sondern wollten helfen. „Auf die Frage, was denn am drängendsten gebraucht wird“, so Eberling, „bekam ich die Antwort: Badewannenstöpsel“.


Die Motoren der Partnerschaft, Petrauskas und Minter mit ihren Vereinen, fänden immer wieder neue Ideen für Hilfsprojekte. Im vergangenen Jahr sei es eine Klimaanlage für ein Kinderheim gewesen, aktuell die Restaurierung einer Orgel in Batakiai, einer Stadt im Bezirk Tauragé. Dafür wurden 1844 Euro bei einem Benefizkonzert am vergangenen Freitag in der evangelischen Kirche Erfelden gesammelt. Es spielte die aus Litauen stammende Simone Dude, Organistin in der Frauenkirche Nürnberg.

(c) Groß-Gerauer Echo, Dirk Winter

© Robert Heiler

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