Mörfelden-Walldorf – „Buschspatzen heiter – jetzt geht’s weiter“, das Motto ihrer Fastnachtskampagne füllten die Walldorfer Buschspatzen am Samstagabend mit großem Programm. In der Walldorfer Stadthalle feierte die närrische Abteilung von Rot-Weiß Walldorf erstmals seit drei Jahren eine Prunksitzung. 250 fantasievoll kostümierte Gäste ließen sich gut gelaunt auf einen humorvollen Abend mitnehmen.
So lustig es ist, das Kampagnenmotto ist durchaus bedeutungsschwanger: Das Ausscheren aus dem alten Verein hinein in einen neuen, die Coronazwangspause, ein Narrenjubiläum 2021/22, das nur ganz eingeschränkt gefeiert werden konnte. Die vergangenen Jahre waren für Walldorfs Fastnachter mitunter gar nicht lustig. Aber: Jetzt sind sie zurück. Im neuen Narrenbau, mit neuem Gefieder (alle sind neu eingekleidet) und einem neuen Frontmann, der eigentlich ein alter ist. Gefeiert wurde am Samstag dann auch wie in alten Zeiten.
Das Regiment der Walldorfer Narren führt einer an, den man längst kennt: Holger Feistel, bereits von 1992 bis 2011 Sitzungspräsident der Buschspatzen, feierte sein närrisches Comeback („Ich bin reaktiviert worden!“). Zwischen seinem Elferrat thronend manövrierte der muntere Narrenmoderator mit saloppen Sprüchen kurzweilig durchs mehrstündige Programm. Vorgänger Patrick Fiederer ist keineswegs von Walldorfs Fastnachtsbühne verschwunden. Doch im Heimatort Leeheim als Sitzungspräsident schwer eingebunden, war er diesmal mit einem Vortrag (Ein Renovierungsgeschädigter) und Gesangspartner Horst Schäfer als „Walldorfer Scherzbuben“ zu erleben.
Im gut fünfstündigen Sitzungsprogramm boten die Buschspatzen auf, was sie am besten können – der Rest wurde zugekauft. Auf jede Menge tanzbegeisterte Menschen ab vier Jahren können die Spatzen bauen, die gleich sechs Garden und ein Duo (Sophie Böker und Robin Leußler) auf die Bühnenbretter brachten. Wer im Narrenverein die klassische Tanzkarriere einschlägt, startet bei den Spätzchen – und kann im fortgeschrittenen Alter bei den Möhnen mitwirken. Unter´m Strich stand so ein gehaltvoller Gute-Laune-Cocktail aus Show- und Gardetänzen, Livegesang und Vorträgen. „70 Aktive stehen auf der Bühne“, sagte Abteilungschefin Denise Drewes. Indes: Es gab ernste Momente. Ein Jahr lang hatte Vorstandsmitglied Kirsten Schork an der neuen Standarte gestickt, die Pfarrer Thomas Stelzer feierlich segnete. Das markiert den Neuanfang unter Vereinsdach von Rot-Weiß Walldorf, wo die ehemalige SKG-Abteilung vor drei Jahren eine neue Heimat fand. „Voller Freude aufgenommen. Drei Jahre fast nichts hinbekommen, ein Gardetanz und keine Sitzung – nur öfter mal ne Vorstandssitzung“, reimte der Rot-Weiß-Präsident Manfred Knacker – der sich in seiner Rolle als Neuling im Elferrat offenkundig pudelwohl fühlte. Nach so viel Pech wurde jetzt kräftig aufgefahren: Pizzabäcker Ciro Visone, Bühnengarant aus Eppertshausen, brachte das Zwerchfell kräftig in Wallung: „Einmal is gekomme zwei Italiener…“ – mammamia, diese Bühnenpräsenz ist ein Selbstläufer. Sein Debüt in Walldorf gab Musiker und Gesangsvirtuose Harry Strupp mit einem stimmgewaltigen Medley – direkt aus dem Rettungsboot. Und mit spitzer Feder hatte Protokoller Jan Körner notiert, was im Ort und auch weltpolitisch in Schieflage ist. In der Narrenbütt wurde da kein Blatt vor den Mund genommen: „Die Rathausspitz tut müde gaffe, wir müsse endlich Wohnraum schaffe! Wir brauche en Bürgermeister, der auch mal gibt en Befehl – ich vermisse den Bernhard Brehl.“
Als die Band Frog Rock nach der Pause mit einem Best-Of der Fastnachtspartylieder loslegte, gab es im Publikum kein Halten mehr. Vorn dabei unter den feiernden Gästen: Die Mörfelder Sandhasen, die einen ganzen Tisch gebucht hatten. Selbstredend gaben sich das Mörfelder Prinzenpaar Kai I. und Sven I. mit ihrem ganzen Hofstaat die Ehre. Denise Drewes, sichtlich beansprucht vom Management hinter der Bühne, war glücklich: Vom Zusammenwachsen der närrischen Kräfte in der Doppelstadt. Und dem neuen Miteinander in der neuen Vereinsheimat, bei dem sich besonders die Montagsmaler hervortaten – Drewes war gerührt: „Diese Hilfsbereitschaft, das kennen wir so nicht.“
(c) Frankfurter Neue Presse, Ursula Friedrich
Fotos: Ursula Friedrich (Frankfurter Neue Presse)



