Bei der Kostheimer Flößersitzung lieben es die Männer schlüpfrig
KOSTHEIM. Flößer sind gewiss keine Weicheier, sondern „stets bereit, die Stang anzupacke unn net lang zu fackele.“ Und dass echte Kerle bei der KCV-Flößersitzung gut aufgehoben sind, zeigte sich im voll besetzten Bürgerhaus. Eine burschikose Traditionsveranstaltung, bei der die Männer unter sich blieben und Sitzungspräsident Toni Oestereich keine Probleme hatte, das Narrenfloß zu steuern. In der Blütezeit der Flößerei war es üblich, dass ein „Wahrschauer“ vorausgeschickt wurde, um rechtzeitig Riffe im Rhein zu entdecken. Diese Aufgabe übernahm der singende Protokoller Ralf Falkenstein, der wie schon in den KCV-Prunkfremdensitzungen erkannte, dass angesichts der bundes- und landespolitischen Ereignisse „Deutschland einem Tränenmeer“ gleiche. Hinsichtlich drohender Diesel-Fahrverbote machte Falkenstein deutlich, dass alles noch viel schlimmer kommen könne, wenn „zuhause dicke Luft ist, weil kein Verkehr mehr stattfindet.“ Eine Steilvorlage für gestandene Männer, die sich nur zu gerne an dem Thema Nummer eins delektieren.
Souverän umschiffte Bernhard Knab als „Deutscher Michel“ dieses Riff und widmete sich in Versen den politischen und sozialen Themen. Knab nannte Bundesminister Seehofer einen Mann, der endlich abtreten sollte, die in den bayerischen Landtag eingezogenen Freien Wähler seien eine „CSU-Light-Formation.“ MCV-Sitzungspräsident Adi Guckelsberger lud die Flößer in seinem Vortrag als „Nachtwächter“ zum Mitreimen ein. Kokolores, bei dem die Wiesbadener ins Fadenkreuz gerieten. Als Zugabe servierte Guckelsberger zwei deftige Männerwitze – ganz nach dem Geschmack des Publikums. Bei den Flößersitzungen haben Frauen gewöhnlich keinen Zutritt. Kommt aber ein ganzes Damenballett, dann wird es mit Hallo begrüßt, um dann mit den Augen verschlungen zu werden. So hatten im ersten Teil der Sitzung die Amazonen „Fit for Dance“ vom Turnverein Finthen mit einer stimmungsvollen Performance einen großen Auftritt. Die Ballettmitglieder zeigten bei Hebefiguren und gewagten Pyramiden, dass sie „genügend Gepäck“ dabei hatten, um dem Männergeschmack zu entsprechen. Auch die Mainzer Hofsänger mussten bei der Flößersitzung nicht befürchten, das Publikum zu langweilen. Das musikalische Aushängeschild des MCV hatte zu einem Sänger-Contest aufgerufen, wobei die Barden ihre herausragende Stimmenvielfalt zur Geltung brachten. Dass ein Wiesbadener Bewerber keine Chance hatte, war klar.
Im zweiten Teil der Flößersitzung begab sich der KCV in „seichte Gewässer“. Dass Herrenwitze beim Publikum gut ankamen, war selbstredend. Kritiker fanden, dass der Auftritt eines „Kaplans Fulder“ über das Ziel einer Herrensitzung hinausschoss. In Kirchenornat gekleidet, hatte Steffen Jobst vom Büttelborner Carnevals-Ausschuss die Lacher auf seiner Seite, als er göttlichen Beistand für Fastnachter erbat, um in der fünften Jahreszeit geschlechtlich aktiv zu sein. Jobsts zweideutige Anspielungen auf einzelne Besucher der Flößersitzung, die namentlich genannt wurden, wären vermeidbar gewesen. Mit Indianergeheul lieferten die „Shining Motions“ vom TV Rhein-Selz-Oppenheim stehenden „Shining Motions“ eine hochklassige Performance. Zum Schluss lud die Spaßmacher Company zur krönenden Partynacht ein.
NOCH DABEI In der Bütt: Gerd Broemser (Aulhauser Carneval-Club) als leidgeprüfter Ehemann. Musik: Walldorfer Scherzbuben“ Patrick Fiederer und Horst Schäfer, Harry Borgner (Mombacher Bohnebeitel) als „Straßenmusikant“, Musikverein „Concordia“ und ihr Stimmungssänger Christoph Stoiber. Auch bei einer deftigen Herren-Sitzung lässt sich Bernhard Knab (KCK) von seinem niveauvollen Vortragsstil als „Deutscher Michel“ nicht abbringen. Chapeau! Keine geschlechtsspezifischen Anzüglichkeiten, sondern eine wiederum hervorragende Leistung des Verseschmieds, die mit dem AZ-Jokus belohnt wird.
(c) Allgemeine Zeitung, Norbert Fluhr