Beim Sparen geraten viele Kommunen nun in Zeitnot.

Die Kommunen im Kreis Groß-Gerau hatten mehr Zeit eingeplant, um ihre Haushalte auszugleichen. Der Erlass des Innenministeriums, bereits 2017 einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen, löst unterschiedliche Reaktionen aus.
Das Hessische Innenministerium fordert von den 338 Kommunen, die nicht unter dem Schutzschirm des Landes stehen, bereits 2017 einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Der entsprechende Erlass löst unterschiedliche Reaktionen aus, vor allem aber Ratlosigkeit.
„Wir haben bereits mehrere Anrufe aus Kommunen erhalten“, sagt Patrick Fiederer von der Kreisverwaltung. Der Kreis ist Kommunalaufsicht, die die Haushalte der Nicht-Schutzschirmkommunen prüft. Kritikpunkt sei vor allem der Zeitpunkt des Erlasses, so Fiederer, jetzt, da die Haushaltsplanung für das Jahr 2015 praktisch überall stehe. Die Planungsprozesse dafür begännen bereits im Mai/Juni.
Aber die Kommunalaufsicht im Landratsamt müsse sich an den Erlass halten, so Fiederer. Bei der Haushaltsgenehmigung werde sie sich daran orientieren. Marschroute des Kreises sei, Etats abzulehnen, die den Vorgaben nicht entsprechen. In der Kreisstadt Groß-Gerau gibt es wenig Aufregung wegen Nachricht aus dem Innenministerium. Dort ist ohnehin vorgesehen, den Etat bis 2017 auszugleichen – auch mithilfe einer Anhebung der Grundsteuer B auf 450 Punkte.
Groß-Gerau erfüllt Vorgabe
Damit erfülle Groß-Gerau eine Vorgabe, wie Bürgermeister Stefan Sauer (CDU) erläutert: Defizitäre Haushalte würden nur noch genehmigt, wenn die Grundsteuer B zehn Prozent über dem Landesdurchschnitt liege. Nach derzeitigem Stand bedeute das für eine Stadt in der Größenordnung Groß-Geraus, dass ihre Grundsteuer B bei mindestens 431 Punkten liegen müsse. 450 sei demnach ein guter Wert.
Allerdings sei jetzt noch der Defizitabbaupfad ins Haushaltskonsolidierungskonzept einzuarbeiten, so Sauer. Mit dem aktuellen Jahresfehlbetrag von 1,7 Millionen Euro im Etat 2015 habe die Stadt eine „vernünftige Planung“.
Wenig erfreut zeigten sich hingegen die Bürgermeister von Trebur, Ginsheim-Gustavsburg und Bischofsheim. Sie halten die Vorgabe, ihren Etat bis 2017 auszugleichen, nicht für machbar. Geplant hatten alle drei Kommunen, bis 2020 ohne Defizit dazustehen. Sie fürchten drastische Erhöhungen von Steuern und Gebühren für die Bürger.
„Stand jetzt werden wir dazu nicht in der Lage sein“, spricht auch Büttelborns Bürgermeister Andreas Rotzinger (CDU) Klartext. In der Kürze der Zeit lasse sich die Forderung nach einem ausgeglichenen Haushalt nicht annähernd erfüllen. „Wir sparen, wo wir können, hinterfragen jede Ausgabe kritisch.“ Investiert werde schon jetzt so gut wie gar nicht mehr.
Harsche Kritik aus Büttelborn
Der Büttelborner Verwaltungschef verweist unter anderem auf Aufgaben wie Kinderbetreuung und Flüchtlingsunterbringung. „Das alles gibt es nicht zum Nulltarif.“ Der „Pakt für den Nachmittag“ des Landes sei schön, doch leider werde kein Geld dafür bereitgestellt. Ordne man alles dem Ziel unter, einen ausgeglichenen Etat zu erreichen, werde die Gemeinde kollabieren, sagt Rotzinger. Als „falschen Weg“ bezeichnet er Forderungen übergeordneter Stellen, den Haushalt gegebenenfalls mit Steuererhöhungen auszugleichen.
„Das wird sehr schwierig“, sagt Stockstadts Bürgermeister Thomas Raschel (CDU). Bei rund 1,1 Millionen Euro liegt das prognostizierte Haushaltsdefizit in diesem Jahr, der Etatentwurf für 2015 wird erst am Dienstag, 11. November, eingebracht. Vorher will Raschel dazu keine Auskunft geben.
Nur soviel: Ohne dass die Gemeinde an der Gebührenschraube dreht und die Hebesätze kräftig anhebt, wird es nicht gehen. Auch werde man weiter an die freiwilligen Leistungen gehen müssen, obwohl diese lediglich rund vier Prozent des Etatvolumens ausmachten. (amt/mz/gil)